Der geistliche Führer im Iran, Ajatollah Ali Khamenei, hat im Krieg mit Israel ungewöhnliche Vorbereitungen getroffen. Seine Angst vor einem Attentat auf ihn geht so weit, dass er schon seine Nachfolge geplant hat.
Dass der Mann an der Spitze des Iran nervös ist, ist wenig überraschend. Seit vergangenen Freitag sind der Iran und Israel im Krieg. Offenbar geht Khamenei davon aus, dass Israel oder die USA versuchen könnten, ihn zu töten. Das würde der geistliche Führer als Märtyrertod sehen, sagten drei hochrangige iranische Beamte zur „New York Times“.
Der 86-Jährige wies deswegen das geistliche Gremium an, rasch einen Nachfolger für ihn zu bestimmten – aus drei von ihm ausgewählten Geistlichen. Doch auch für den Fall, dass jemand aus seiner militärischen Führungskette ums Leben kommen sollte, sorgte der konservative Führer vor. Er wählte aus, wer im Fall des Falles nachrücken soll.
Khamenei steht seit 36 Jahren an der Spitze des Iran. Er ist nicht nur der geistliche Führer, sondern auch der Oberbefehlshaber der iranischen Streitkräfte. Er hat außerdem in den politischen Fragen das finale Wort.
Der 86-Jährige gilt als unantastbar, Kritik an ihm wird in der islamischen Republik nicht geduldet.
„Oberste Priorität ist die Erhaltung des Staates“
Dass Khamenei drei mögliche Nachfolger für sich selbst ernennt, ist ein ungewöhnliches Verfahren. Im Normalfall dauert ein solcher Prozess Monate und die Geistlichen wählen jemanden aus ihren Reihen aus, der die Führung übernehmen soll.
Khamenei wolle jedoch möglichst schnell einen geordneten Wechsel auf der Führungsebene gewährleisten, nachdem Iran sich jetzt im Krieg befinde, meinten die Beamten. Außerdem sei es dem geistlichen Führer wichtig, sein Erbe zu bewahren. „Die oberste Priorität ist die Erhaltung des Staates“, erklärte der Iran-Experte und Professor für internationale Angelegenheiten Vali Nasr. „Das ist alles berechnend und pragmatisch“, zeigte er sich der „New York Times“ gegenüber sicher.
Wer in die Fußstapfen des geistlichen Führers treten könnte, ist nicht bekannt. Doch Khameneis Sohn Mojtaba – ebenfalls ein Geistlicher – soll nicht darunter sein. Die Nachfolge des immerhin schon 86 Jahre alten Mannes ist ein äußerst heikles Thema, über das in der Vergangenheit nur selten seriös gesprochen wurde.
Iran bereitet sich im Stillen vor
Während Trump noch darüber nachdenkt, ob er in den Krieg zwischen Israel und dem Iran eingreifen soll, bereiten sich die iranischen Spitzenbeamten im Stillen auf verschiedene Szenarien vor, wie die Beamten erzählten. Trotz der angespannten Lage im Iran dürfte die Befehlskette noch funktionieren und es gibt keine offensichtlichen Anzeichen, dass im Befehlsapparat des Landes Konflikte anwachsen.
Khamenei selbst lebt offenbar in einem Bunker. Aus Angst vor einem Attentat kommuniziert er hauptsächlich über einen Vertrauten mit seinen Kommandeuren und nicht mehr über elektronische Medien. Seit Beginn des Krieges gab es zwei Videobotschaften des geistlichen Führers. „Das iranische Volk wird sich gegen einen erzwungenen Krieg wehren“, beschwor er die Bevölkerung.
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