Der neue deutsche Kanzler Friedrich Merz hat das israelische Vorgehen im Gazastreifen deutlich kritisiert. Damit bricht er mit seiner bisherigen Linie der bedingungslosen Unterstützung. Seine Bundesregierung sieht sich mit einem „moralischen Dilemma“ konfrontiert.
„Die Zivilbevölkerung derart in Mitleidenschaft zu nehmen, wie das in den letzten Tagen immer mehr der Fall gewesen ist, lässt sich nicht mehr mit einem Kampf gegen den Terrorismus der Hamas begründen“, sagte Merz beim „WDR Europaforum 2025“ auf der Digitalkonferenz re:publica in Berlin.
Deutschland müsse sich mit öffentlichen Ratschlägen an Israel so weit zurückhalten, wie kein zweites Land auf der Welt, fügte Merz hinzu. „Aber wenn Grenzen überschritten werden, wo einfach das humanitäre Völkerrecht jetzt wirklich verletzt wird, dann muss auch Deutschland, dann muss auch der deutsche Bundeskanzler dazu etwas sagen.“
Merz betonte die Partnerschaft zwischen Deutschland und Israel. „Aber die israelische Regierung darf nichts tun, was nun irgendwann ihre besten Freunde nicht mehr bereit sind, zu akzeptieren.“
Kritik muss erlaubt sein
Der deutsche Außenminister Johann Wadephul will an dem Assoziierungsabkommen der Europäischen Union mit Israel festhalten. Das Abkommen sei richtig und müsse bewahrt werden, sagte Wadephul bei einem Besuch in Madrid. Dies heiße aber nicht, dass man eine israelische Regierung nicht kritisieren dürfe. Das Abkommen sei allerdings mit dem Staat Israel geschlossen worden und nicht mit der Regierung.
Wadephul betonte, bei einem Treffen der EU-Außenminister vergangene Woche in Brüssel sei eine Mehrheit dafür gewesen, das Abkommen zu überprüfen, nicht aber zu suspendieren.
„Moralisches Dilemma“ um Waffenlieferungen
Einen Stopp von deutschen Waffenexporten nach Israel lehnt Wadephul ab. Israel sei zahlreichen Gefahren von außen ausgesetzt, etwa von der Hisbollah, den Houthis und aus dem Iran, sagte Wadephul in Madrid. All diese Akteure hätten die Vernichtung Israels zum Ziel.
Zugleich sei das Existenzrecht Israels Teil deutscher Staatsraison. Die Bundesregierung sei daher dazu verpflichtet, Israel bei der Gewährung seiner Sicherheit Beistand zu leisten, und dazu gehörten auch Waffenlieferungen. Gleichwohl stelle die Lage im Gazastreifen „ein großes politisches und moralisches Dilemma für uns“ dar, betonte Wadephul.
Mehrere Abgeordnete von Wadephuls (CDU) Koalitionspartner SPD hatten zuvor ein Ende der deutschen Waffenlieferungen an Israel gefordert. Hintergrund ist der Vorwurf, dass Israel Hunger als Waffe gegen die palästinensische Zivilbevölkerung einsetze. Israel bestreitet dies und wirft der radikalislamischen Hamas vor, für Zivilisten bestimmte Hilfslieferungen zu stehlen.
Kommentare
Willkommen in unserer Community! Eingehende Beiträge werden geprüft und anschließend veröffentlicht. Bitte achten Sie auf Einhaltung unserer Netiquette und AGB. Für ausführliche Diskussionen steht Ihnen ebenso das krone.at-Forum zur Verfügung. Hier können Sie das Community-Team via unserer Melde- und Abhilfestelle kontaktieren.
User-Beiträge geben nicht notwendigerweise die Meinung des Betreibers/der Redaktion bzw. von Krone Multimedia (KMM) wieder. In diesem Sinne distanziert sich die Redaktion/der Betreiber von den Inhalten in diesem Diskussionsforum. KMM behält sich insbesondere vor, gegen geltendes Recht verstoßende, den guten Sitten oder der Netiquette widersprechende bzw. dem Ansehen von KMM zuwiderlaufende Beiträge zu löschen, diesbezüglichen Schadenersatz gegenüber dem betreffenden User geltend zu machen, die Nutzer-Daten zu Zwecken der Rechtsverfolgung zu verwenden und strafrechtlich relevante Beiträge zur Anzeige zu bringen (siehe auch AGB). Hier können Sie das Community-Team via unserer Melde- und Abhilfestelle kontaktieren.