Wladimir Putin hat seine „Freunde“ wieder zu seiner Militärparade zum 80. Jahrestag des Sieges über Nazi-Deutschland eingeladen. Doch dieses Mal ist die Stimmungslage eine ängstliche. Der Kreml sorgt sich um einen ukrainischen Angriff während der Festlichkeiten.
Putin verbrachte die vergangenen Tage damit, einen Schein-Frieden mit der Ukraine zu verhandeln, der längst von beiden Seiten gebrochen wurde. Der Kremlchef wollte Ruhe haben, um seine Militärparade abzuhalten. Doch vor allem: Der Diktator will einer Blamage aus dem Weg gehen.
Der Militärexperte Markus Reisner hält einen ukrainischen Schlag gegen die Moskauer Siegesparade am Freitag für möglich, aber unwahrscheinlich. Die Ukraine würde einen solchen Schlag wegen negativer Folgen als kontraproduktiv einschätzen, sagte Reisner am Donnerstag. Doch Kiew hat seine Verbündeten schon mehrfach überrascht.
Wahrscheinlicher wären Drohnenangriffe auf die Peripherie, um die Parade zu stören. An den Spekulationen über einen möglichen Angriff sei „schon etwas dran“. Der Bundesheerexperte verwies darauf, dass sich Russland nach dem US-Schwenk im Krieg auf der Siegerstraße sehe.
Ukraine hat militärische Fähigkeit
„Sie sehen sich schon auf den Seelower Höhen mit dem Sieg vor Augen“, zog der studierte Historiker einen Vergleich zur letzten großen Schlacht der Roten Armee im April 1945, die den Fall der deutschen Hauptstadt wenige Tage später einläutete. „Die Ukrainer wollen diesen Siegesrausch stören“, betonte Reisner. Entsprechend habe Kiew in den vergangenen Tagen erneut mit Truppen die russische Grenze überschritten und sich dort festgesetzt.
Zudem habe das Land am Mittwoch den bisher größten Drohnenangriff des Krieges mit insgesamt 524 Drohnen durchgeführt. Russische Flughäfen versanken im Chaos. Führende ukrainische Regierungsvertreter haben zudem die Militärparade zum legitimen Ziel erklärt.
Putins Gästeliste als Versicherung
Ein „fataler Einschlag auf dem Roten Platz“ sei möglich, weil kein Luftabwehrsystem unüberwindbar sei. Ähnlich einem DDOS-Angriff auf ein Computersystem könne die Luftabwehr durch die schiere Anzahl an Geschoßen überwältigt werden, erläuterte Reisner.
Allerdings dürften Putins „Freunde“ auch sein bester Schutz sein. Vor allem sein Besuch aus Peking. Eine Tötung Putins und Xis wäre ein „Super-GAU“, verwies Reisner auf den in der russischen Militärdoktrin für diesen Fall vorgesehenen Einsatz von Atomwaffen. Vor allem sitzt in den Reihen der Zuschauer auch ein Staatschef einer EU- und NATO-Nation. Robert Fico aus der Slowakei.
Kreml fürchtet „gefährliche Nachbarschaft“
In Moskau ist die Nervosität jedoch enorm. Schon seit Tagen mehren sich Beschwerden über vorübergehende Ausfälle des mobilen Internets vor allem in der Hauptstadt. Laut Regierung sei noch bis Samstag mit Eisnchränkungen zu rechnen. Denn: Das Internet wurde gekappt.
„Das sind keine Störungen“, sagte Kremlsprecher Dimitri Peskow gegenüber russischen Agenturen. „Das sind Einschränkungen bei der Arbeit des mobilen Internets – aus verständlichen Gründen.“ Der Duma-Abgeordnete Anton Nemkin sprach von einem Element der präventiven Verteidigung und verwies auf die 2014 von Russland annektierte Halbinsel Krim. Dort seien Abschaltungen des mobilen Internets während Angriffen der ukrainischen Armee zur Standardpraxis geworden und hätten ihre Effizienz gezeigt.
Dem müsse mit Verständnis begegnet werden, betonte Peskow. „Wir müssen die gefährliche Nachbarschaft berücksichtigen, die wir haben.“
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